Bergbau-Bonanza in Mongolei bedroht lokale Bevölkerung und Klima
2 February 2012, Saarländische Online-Zeitung
Berlin – Die Umweltschutz und Menschenrechtsorganisation Urgewald, CEE Bankwatch und OT Watch veröffentlichen diese Woche den Bericht über eine Recherchereise in die Mongolei (1). Darin stehen die Auswirkungen des Bergbaubooms auf die lokale Bevölkerung im Mittelpunkt. Sie werden in der Berichterstattung über den geplanten Börsengang von Tavan Tolgoi, dem weltgrößten unerschlossenem Kohlegebiet, weitgehend ignoriert (2). Der gemeinsame Bericht mit dem Titel “Spirited Away – Mongolia’s mining boom and the people that development left behind” wird begleitet von einem Video, das CEE Bankwatch produziert hat. Darin finden sich Interviews mit Viehzüchtern aus dem Oyu-Tolgoi- und dem Tavan-Tolgoi-Gebiet, den Hauptbergbaugebieten des Landes (3).
Sukhgerel Dugersuren von der mongolischen Organisation OT Watch, Ko-Autorin des Berichtes, erklärt: “Während ausländische und mongolische Firmen sich darauf vorbereiten, in der Wüste Gobi massiv Kohle, Gold und Kupfer abzubauen, wird die lokale Bevölkerung sträflich ignoriert: Infrastruktur und Verschmutzung bedrohen die traditionelle Viehwirtschaft. Die Hauptsorge der Menschen ist die Wasserknappheit, die sich durch den Bergbau zu verschärfen droht. Trotzdem wird die lokale Bevölkerung nicht bei Entscheidungen einbezogen.”
Regine Richter von der Umweltorganisation urgewald ergänzt: “Die Mongolei besitzt viele Milliarden Tonnen nachgewiesener Kohlereserven. Wenn sie erschlossen werden, hat dies katastrophale Auswirkungen auf das Klima. Falls die mongolische Regierung dies schon nicht ernstnimmt, sollten es zumindest die Banken bedenken, die den Abbau finanzieren. Öffentliche Banken wie die Osteuropabank sollten den Klimawandel bekämpfen, statt ihn durch Finanzierungen vorwärtszutreiben. Das gilt auch für Privatbanken, die den Börsengang von Tavan Tolgoi vorbereiten, unter ihnen die Deutsche Bank. Sie hat vollmundige Erklärungen zum Klimaschutz abgegeben, die sie jedoch in ihrer Geschäftspraxis komplett ignoriert.” (4)
Bei der Recherchereise in die Mongolei stellten die Organisationen fest, dass die bereits existierenden Probleme mit dem Bergbau von den beteiligten öffentlichen Banken wie Osteuropabank und Weltbank nicht hinreichend berücksichtigt werden. Die Osteuropabank ist an einer Mine im Tavan-Tolgoi-Gebiet beteiligt und prüft die Finanzierung der Ovu-Tolgoi-Goldmine sowie weiterer Bergbauprojekte in der Mongolei. (5)
Die Osteuropabank erhebt den Anspruch, durch ihre Beteiligung Projekte zu verbessern, indem sie ökologische und soziale Probleme zu lösen versucht. Diese Auffassung teilen die Umweltorganisationen nach ihrem Mongoleibesuch jedoch nicht. So fehlt den mongolischen Behörden, besonders den lokalen, die Kapazität, um die schnelle Bergbauentwicklung adäquat zu planen und zu kontrollieren. Somit unterstützen die Gelder der Osteuropabank kurzfristige wirtschaftliche Interessen und vernachlässigen die langfristigen Risiken.
“Wir erwarten, dass die Osteuropabank innehält und überlegt, bevor sie mehr Geld in den mongolischen Bergbau steckt”, fordert Fidanka Bacheva-McGrath, Osteuropabank-Koordinatorin bei CEE Bankwatch und Ko-Autorin des Berichts. “Die Bank hat zwei Jahrzehnte Erfahrung mit anderen rohstoffreichen Ländern wie Aserbaidschan und Kasachstan, die eine ungesunde Abhängigkeit von Rohstoffexporten und den Preisschwankungen auf den globalen Märkten entwickelt haben. Die Bank sollte daraus Lehren ziehen und ihr Portfolio in der Mongolei diversifizieren – in andere Sektoren, die den Menschen längerfristigen Nutzen bringen, etwa städtische und ökologische Dienstleistungen, Infrastruktur und Landwirtschaft. Die grundsätzlichen Lehren aus den Problemen mit dem Bergbau müssen dieses Jahr berücksichtigt werden, wenn die Osteuropabank ihre Bergbaupolitik überarbeitet.”
(1) Der Bericht kann hier heruntergeladen werden:
https://bankwatch.org/sites/default/files/spirited-away-mongolia-mining.pdf
(2) Letzte Informationen zum Börsengang hier:
http://online.wsj.com/article/SB10001424052970204301404577172292914843580.html
(3) Das Video kann hier heruntergeladen werden:
https://bankwatch.org/news-media/blog/video-spirited-away-mongolias-mining-boom-and-people-development-left-behind
(4) Weitere Informationen dazu im Bericht “Bankrolling Climate Change”:
http://urgewald.org/artikel/klimakiller-banken
(5) Das Vorkommen Tavan Tolgoi (TT) liegt etwa 270 km nördlich der chinesischen Grenze und enthält geschätzte 6,4 Milliarden Kubikmeter Tonnen Kohle, etwa ein Viertel davon Kokskohle von hoher Qualität, die für die Stahlproduktion eingesetzt wird. Der Großteil dieser Kohle ist bisher nicht abgebaut. Oyu Tolgoi (OT) ist die weltgrößte unentwickelte Gold- und Kupfermine. OT gehört zu 66 Prozent Ivanhoe Mines Mongolia Inc., einem Joint Venture zwischen Ivanhoe Mines und Rio Tinto, sowie zu 34 Prozent dem mongolischen Staat. OT liegt 160 km südöstlich von TT in Richtung des mongolisch-chinesischen Grenzübergangs Gashuun Sukhait.
Institution: EBRD
Project: Mining boom in Mongolia